Die deutsch-türkischen Beziehungen, 2. Teil
Es gibt sehr viele verschiedene Bereiche, in denen Deutschland und die Türkei durch eine lange, intensive und freundschaftliche Partnerschaft miteinander verbunden sind. Im ersten Teil dieses Beitrags ging es um die deutsch-türkischen Beziehungen in den Bereichen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Nun, im zweiten Teil, stehen die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Kultur und die Wissenschaft im Mittelpunkt.
Inhalt
Die deutsch-türkische Zusammenarbeit im wirtschaftlichen Bereich
Schon seit 1962 gibt es ein Investitionsschutzabkommen zwischen Deutschland und der Türkei. Im Juli 2001 trat das türkische Gesetz zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in Kraft. 1985 wurde ein bilaterales Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart. Dieses wurde zum 1. Januar 2011 gekündigt und durch ein neues Abkommen, das im Zuge des Staatsbesuchs von Präsident Gül unterzeichnet wurde, ersetzt.
Ende 2012 verfassten der deutsche Bundeswirtschaftsminister Rösler und der türkische Energieminister Yildiz eine Gemeinsame Erklärung, die vorsieht, dass die bilaterale Zusammenarbeit im Energiebereich intensiviert werden soll. Als neue Plattform für den Austausch zwischen Politik- und Wirtschaftsvertretern beider Länder, aber auch für die Ausarbeitung konkreter Handlungs- und Kooperationsfelder wurde das “Deutsch-Türkische Energieforum” ins Leben gerufen.
Das Forum trat erstmals im April 2013 zusammen, die nächste Tagung folgte zwei Jahre später. Beide Sitzungen fanden in Ankara unter der Leitung der beiden Wirtschaftsminister statt. Im August 2013 vereinbarten die Wirtschaftsministerien beider Länder, die Joint Economic and Trade Commission, kurz JETCO, als Wirtschafts- und Handelskommission zu gründen. Auch hier soll eine Plattform entstehen, die branchenübergreifend ausgerichtet ist und angeleitet von den Wirtschaftsministern jährlich zusammentritt.
1959 fiel der Startschuss für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei. Im Laufe der Jahrzehnte entstand hier ein echtes Erfolgsmodell. Innerhalb der finanziellen und technischen Zusammenarbeit flossen mehr als 4,5 Milliarden Euro in Form von Krediten und Zuschüssen, die die Implementierung von über 400 Projekten ermöglichten. Die klassische Entwicklungszusammenarbeit läuft allmählich aus.
Die Zusammenarbeit wird bei einigen innovativen und zukunftsfähigen Projekten jedoch fortgesetzt. So hat das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beispielsweise signalisiert, den Bau eines ersten solarthermischen Kraftwerks in der Türkei finanziell zu unterstützen.
Seit 2007 findet außerdem zunehmend die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit statt. Das Bundesumweltministerium nutzt Gelder aus dem Fonds „Internationale Klimaschutzinitiative“, um Umwelt- und Klimaprojekte in der Türkei zu unterstützen. Der Fonds finanziert sich aus Zertifikaten des europäischen Emissionshandels, die versteigert werden.
Eine besondere Rolle in diesem Bereich der Zusammenarbeit kommt dem bilateralen Lenkungsausschuss Umwelt zu. Hierfür kommen im halbjährlichen Turnus Vertreter des deutschen und des türkischen Umweltministeriums zusammen.
Die deutsch-türkischen Beziehungen im Bereich Kultur und Wissenschaft
Mit der Gründung der “Ernst-Reuter-Initiative für Dialog und Verständigung zwischen den Kulturen” im September 2006 wurde ein Zeichen der Freundschaft zwischen Deutschland und der Türkei gesetzt. Die Initiative, in die zahlreiche Prominente beider Länder ihr Wissen und Können einbringen, engagiert sich in verschiedenen Kunst-, Kultur-, Medien-, Jugend-, Wissenschafts- und Integrationsprojekten.
Dabei zählen der Übersetzerpreis Tarabya, die Kulturakademie Tarabya und die Türkisch-Deutsche Universität zu den bedeutsamsten Projekten der Initiative. Die Kulturakademie auf dem Gelände der historischen Sommerresidenz des Botschafters in Tarabya verfolgt das Ziel, deutsche und türkische Kulturschaffende miteinander zu vernetzen.
An der feierlichen Eröffnung im Oktober 2011 nahmen die Außenminister beider Länder teil, knapp ein Jahr später begannen die ersten Stipendien.
Als Bundespräsident Wulff die Türkei im Oktober 2010 besuchte, wurde der Grundstein für die Türkisch-Deutsche Universität in Istanbul gelegt. Eröffnet wurde die Universität im April 2014 durch Bundespräsident Gauck und seinen türkischen Amtskollegen Präsident Gül. Sie hat ihren Lehrbetrieb inzwischen mit mehreren Bachelor- und Masterstudiengängen aufgenommen, das Studienangebot wird aber noch weiter ausgebaut.
Die Basis für die Zusammenarbeit zwischen deutschen und türkischen Hochschulen wurde allerdings schon weit früher gelegt. Es waren Professoren in den 1930er- und 40er-Jahren, die auf der Flucht vor dem nationalsozialistischen Regime in die Türkei kamen und so das Fundament für die Hochschulzusammenarbeit schufen.
Deutschland genießt in der Türkei hohes Ansehen als Universitäts- und Forschungsstandort und dementsprechend groß ist das Interesse an Universitätspartnerschaften und Zusammenarbeit im Forschungsbereich. 2014 gab es knapp 1.000 Kooperationsabsprachen zwischen deutschen und türkischen Hochschulen und 13 Austauschprogramme, die der Deutsche Akademische Austauschdienst institutionell fördert.
In Ankara, Istanbul und Izmir betreibt das Goethe-Institut Zweigstellen. Eine breite Palette an Kulturprogrammen fördert den interkulturellen Austausch, während Sprachkurse und Fortbildungsseminare für türkische Deutschlehrer Deutsch als Fremdsprache unterstützen. Generell sind die intensiven deutsch-türkischen Beziehungen ein Grund dafür, dass die Türkei zu den Schwerpunktländern der Deutschförderung gehört.
Daher gibt es in Zusammenarbeit mit deutschen Instituten, dem türkischen Bildungsministerium, Hochschulen und lokalen Schulbehörden eine Vielzahl von Programmen und Maßnahmen, die die Vermittlung der deutschen Sprache in der Türkei nachhaltig fördern.
Die Stiftung Deutscher Geisteswissenschaftlicher Institute im Ausland betreibt in Istanbul das Orient-Institut. Die Schwerpunkte der Forschungsarbeit bilden hier die osmanische Geschichte sowie die türkische Sprach- und Literaturwissenschaft. Schon seit 1929 hat das Deutsche Archäologische Institut eine eigene Abteilung in Istanbul, wo es den Zeitraum zwischen der Urgeschichte Kleinasiens bis zum Osmanischen Reich erforscht.
Die Botschaft in Ankara wiederum hat die Gründung der „Kulturstiftung der deutsch-türkischen Wirtschaft“ angestoßen. Diese Stiftung, die seit 2005 besteht, kümmert sich darum, den kulturellen Austausch zu verstärken. In diesem Zuge werden Ausstellungen, Theateraufführungen, Konzerte und eine Sommerakademie gefördert, aber auch Stipendien für Sprachkurse vergeben.
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